05. November 2024
Qualitätsmanagement bei Galexis – Q&A zur Arzneimittelbeschaffung
12. November 2024
Wir unterstützen unsere Kundschaft bei der Planung und Umsetzung ihres Qualitätsmanagements. Doch wie präsentiert sich das QM bei Galexis selbst? In einer dreiteiligen Serie beantwortet Dr. Remo Studer, Leiter Qualitätsmanagement und FvP Galexis, die wichtigsten Fragen.
Teil 1 – Q&A zur Arzneimittelbeschaffung
Von welchen Lieferanten wird Galexis beliefert?
Gemäss den GDP-Leitlinien, welche von Arzneimittel-Grosshändlern in der Schweiz zwingend und vollumfänglich einzuhalten sind, darf Galexis Arzneimittel ausschliesslich bei Personen bzw. Unternehmen beschaffen, die selbst über eine Grosshandelsbewilligung (oder allenfalls eine Einfuhrbewilligung) des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic verfügen. Somit ist sichergestellt, dass sämtliche Arzneimittel, welche bei uns angeliefert werden, aus der legalen Lieferkette stammen, um das grösstmögliche Mass an Qualität und Authentizität (cave: Fälschungen) gewährleisten zu können. Es ist also beispielsweise nicht erlaubt, dass ein Grosshändler Arzneimittel von einer Apotheke beschafft.
Was sind die Kriterien für die Sortimentszusammensetzung bei Galexis?
Neben Galexis gibt es in der Schweiz nur wenige weitere Vollgrossisten. Das heisst, dass wir grundsätzlich alles im Sortiment führen, was in einer Apotheke, Drogerie oder Arztpraxis üblicherweise zur Anwendung kommt oder dort verkauft wird. Arzneimittel stehen dabei im Vordergrund, aber auch Medizinprodukte gehören zu unserem Kernsortiment. Ausserdem führen wir zahlreiche Lebensmittel (z.B. Nahrungsergänzungsmittel), Kosmetika und weitere Haushaltsartikel. Wichtig ist, dass sämtliche Produkte, die wir anbieten, der Schweizer Gesetzgebung entsprechen, damit sich unsere Kundschaft darauf verlassen kann, dass sie nur konforme Ware an ihre Patientinnen und Patienten bzw. Kundschaft abgibt.
Remo Studer
Qualitätsmanagement / FvP
Nach welchen Vorgaben wird die Lieferung von medizinischen Gütern bewilligt?
Bevor wir bei einem Lieferanten Arzneimittel bestellen, müssen wir sicherstellen, dass das Arzneimittel von Swissmedic für den Schweizer Markt zugelassen ist und dass der Lieferant über die entsprechenden Bewilligungen für den Verkauf des Produkts verfügt. Die Prüfung der Bewilligung erfolgt aus regulatorischen Gründen durch mich persönlich. Ist bestätigt, dass die Bewilligung gültig ist, kann der Lieferant für Bestellungen freigegeben werden. Im Gegensatz zu den Arzneimitteln, bei denen Swissmedic das Produkt prüft und dann für den Schweizer Markt zulässt, werden Medizinprodukte nicht durch eine zentrale Stelle zugelassen oder bewilligt. Hier sind jedoch die Kontrollpflichten für Händler in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Da müssen die Angaben von Hersteller und Importeur überprüft werden, aber auch die Dreisprachigkeit der Kennzeichnung. Diese ist für Medizinprodukte, die für die Anwendung durch Laien vorgesehen sind, in der Schweiz Pflicht. Erst wenn die Prüfung des einzelnen Produkts mit positivem Ergebnis abgeschlossen ist, dürfen wir es z.B. an eine Arztpraxis liefern.
Aus welchen Ländern kommen die einzelnen Lieferanten?
Arzneimittel beschaffen wir grundsätzlich in der Schweiz, da wir nur mit in der Schweiz zugelassenen Arzneimitteln Handel treiben dürfen. Das bedeutet nicht, dass die Hersteller ebenfalls alle in der Schweiz sind. Im Gegenteil, mittlerweile findet ein beträchtlicher Teil der Arzneimittelherstellung im Ausland statt, sei es in der EU oder mittlerweile auch sehr ausgeprägt im asiatischen Raum. Die direkte Einfuhr von Arzneimitteln aus dem Ausland ist bestimmten regulatorischen Auflagen unterworfen und bedarf einer besonderen Bewilligung. Medizinprodukte werden teilweise auch aus dem europäischen Raum direkt beschafft, z.B. wenn diese in der Schweiz gar nicht auf dem Markt sind. Die rechtlichen Anforderungen sind hier weniger streng als bei den Arzneimitteln, dennoch sind die Auflagen beträchtlich.
Stellt sich der Lieferant vor oder sucht Galexis nach geeigneten Anbietern?
Im Schweizer Arzneimittelmarkt sind die Geschäftsbeziehungen weitestgehend dadurch gegeben, dass man als Grosshändler direkt bei den Unternehmen einkauft, welche über die Zulassung des Produkts verfügen (Zulassungsinhaber). Nur die Zulassungsinhaberin kann ihr eigenes Produkt auf den Schweizer Markt bringen. Das hat damit zu tun, dass die Zulassungsinhaberin für die Qualität und die Patientensicherheit ihres Produkts direkt verantwortlich ist und daher das Produkt für den Markt freigeben muss, wenn sichergestellt ist, dass bei der Herstellung alles wie vorgesehen abgelaufen ist und die Spezifikationen erfüllt sind (z.B. korrekte Menge des Wirkstoffs in einer Tablette). Es ist also gar nicht möglich, als Grosshändler Arzneimittel direkt ab Herstellwerk zu kaufen, da zu diesem Zeitpunkt eine einwandfreie Qualität des Produkts noch nicht bestätigt ist. Es wäre ausserdem äusserst gefährlich und daher ist es gesetzlich eben auch verboten. Nur die Zulassungsinhaberin kann diese Verantwortung übernehmen. In der Schweiz sind es rund 330 Arzneimittellieferanten, die die Rolle als Zulassungsinhaberin (für ihre jeweils eigenen Produkte) innehaben. Für Produkte aus den übrigen Bereichen wie Medizinprodukte, Lebensmittel oder Kosmetika ist die Auswahl an Lieferanten meistens etwas grösser, da es bezüglich Beschaffung weniger rechtliche Einschränkungen gibt. Hier ist es absolut üblich, dass ein Lieferant sein Produkt in unserem Sortiment platzieren möchte und sich daher bei uns vorstellt.
Wie gelangen die medizinischen Güter zu Galexis?
In der Regel ist der Lieferant für den Transport bis an unsere Wareneingangsrampe verantwortlich, auch bezüglich der Qualität. Gibt es beispielsweise auf dem Transport Temperaturabweichungen und sind die Produkte beschädigt, haftet der Lieferant für den Schaden. In der Schweiz erfolgt der Transport weitestgehend auf der Strasse. Bei uns werden täglich rund 400 Paletten an Waren mit Lieferfahrzeugen angeliefert und in unserem Wareneingang verarbeitet.
Was kann Galexis gegen Lieferengpässe tun?
Galexis sucht stetig nach Möglichkeiten, einen Beitrag zur Entschärfung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln zu leisten. Eine bemerkenswerte Initiative ist sie sogenannte «Initiative Safety Stock». Ziel dieser Initiative ist, in Zusammenarbeit mit ausgewählten Lieferanten Sicherheitsbestände in unseren Lagern aufzubauen, um bei kurzfristigen Lieferausfällen genügend Puffer zu haben. So sind wir in der Lage, auch dann verfügbar zu sein, wenn die Lieferungen an uns für ein paar Wochen ausbleiben (mehr zur Initiative Safety Stock). Dauert ein Lieferengpass mehrere Monate oder noch länger – was leider immer häufiger vorkommt – kann aber auch ein Sicherheitsbestand bei uns die Verfügbarkeit langfristig nicht sicherstellen. In diesem Fall sind insbesondere auch Lösungen auf politischer Ebene gefragt.
Aber wird heute nicht wieder mehr in der Schweiz produziert als vor Corona?
Auch wenn ich keine konkreten Zahlen habe: Das bezweifle ich. Zumindest nicht in einem signifikanten Ausmass. Es ist nicht ohne weiteres möglich, die Produktion von Arzneimitteln aus dem Ausland in die Schweiz zu verlegen. Die Herstellung von Arzneimitteln ist ein äusserst aufwendiger und heikler Prozess und kann – sofern nicht korrekt durchgeführt – zu beträchtlichen Patientenrisiken führen. Daher sind die Abläufe streng reglementiert: Anlagen müssen gebaut, qualifiziert (Eignungsnachweis) und behördlich abgenommen werden. Eine Relokation der Herstellung nimmt im besten Fall mehrere Monate in Anspruch, im Normalfall eher Jahre.
Welche Funktion und Aufgabe übernimmt Swissmedic im ganzen Prozess?
Swissmedic stellt sämtliche Bewilligungen für Unternehmen aus, die in der Schweiz Arzneimittel und Betäubungsmittel herstellen, mit ihnen Handel treiben oder sie ein- oder ausführen wollen. Diese Unternehmen muss Swissmedic auch regelmässig inspizieren, um sicherzustellen, dass sie sich an die gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben halten. Ausserdem ist Swissmedic für die Zulassung aller Arzneimittel für den Schweizer Markt zuständig. Dabei bewertet sie insbesondere die Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln. Erst, wenn der Nachweis erbracht ist, wird das Arzneimittel zugelassen und darf legal in der Schweiz gehandelt und an Patienten abgegeben werden.
Ist die Einfuhr gefälschter Medikamente ein Problem für Galexis?
Bis heute gibt es in der legalen Lieferkette in der Schweiz keine Fälschungen. Wer also in der Schweiz in einer Apotheke, einem Spital oder einer Arztpraxis ein Arzneimittel bezieht, kann sich so gut wie sicher sein, dass es keine Fälschung ist – vorausgesetzt, die Abgabestelle hat die Arzneimittel in der legalen Lieferkette, also z.B. bei Galexis – beschafft. Dass es ausserhalb der legalen Lieferkette Arzneimittelfälschungen gibt, ist leider auch in der Schweiz eine Tatsache (z.B. Beschaffung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ohne Rezept im Internet). Es ist daher äusserst wichtig, dass die Beschaffung nur bei seriösen Lieferanten mit entsprechender behördlicher Bewilligung erfolgt.
Wie sind die Haftungsfragen geregelt?
Sobald die Arzneimittel in unserem Eigentum sind, liegt die Verantwortung für die korrekte Handhabung bei uns, und zwar bis zur Übergabe an unsere Kundschaft. Um sicherzustellen, dass die Qualität nicht beeinträchtigt wird, sind unsere Lager sowie die Lieferfahrzeuge mit Temperaturüberwachungssystemen ausgerüstet. Stellen wir Abweichungen fest, müssen die betroffenen Produkte unter Quarantäne gestellt und die Abweichung mit Stabilitätsdaten bewertet werden. Erst wenn sichergestellt ist, dass die Ware unversehrt ist, kann sie wieder ausgeliefert werden. So können wir jederzeit einwandfreie Qualität gewährleisten.
Das war der erste Teil eines dreiteiligen Interviews mit Dr. Remo Studer, Leiter Qualitätsmanagement und FvP Galexis. Im nächsten Teil widmen wir uns der Arzneimittellagerung.
Dieser Artikel erschien erstmals im Galexis Ärztemagazin Insider (Ausgabe 3/23) und wurde für die Publikation auf der Webseite überarbeitet und aktualisiert.